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Pressestimmen

Wintersemester 2014/2015

Badische Zeitung vom 17. Februar 2015, Gero Schreier

Luzider Klangzauber
Akademisches Orchester und Studentenkantorei in Freiburg.

Über den Rang von Studierenden-Ensembles sind beide Formationen längst hinausgewachsen: das Akademische Orchester (Aka) und die Evangelische Studentenkantorei (ESK). Mit Arthur Honeggers dritter Sinfonie und Jean Françaix’ "fantastischem" Oratorium "L’Apocalypse selon St. Jean" standen im Freiburger Konzerthaus unter Leitung von Hannes Reich keine Kleinkaliber auf dem Programm. Werke zudem, die bei allem ästhetischen Anspruch von einer Transparenz und Leichtigkeit sind, die man als Interpret erst einmal umsetzen muss. Orchester und Chor gelingt das über weite Strecken glänzend.

Zugegeben: Der dumpf gewitternde erste Satz aus Honeggers Sinfonie wirkt noch etwas konturlos. Die Blechbläser finden nicht sofort die richtige Balance, auch später im Zusammenwirken mit den Sängern. Aber verfängt solche Kritik angesichts einer so stringenten und zugleich sanft-expressiven Linienführung, wie sie im zweiten Satz und dem Epilog des dritten zu hören ist? Streicher und Holzbläser entfalten ein durchsichtiges Kolorit, das bei aller Luftigkeit substanziell bleibt.

In den himmlische Sphären evozierenden Passagen von Françaix’ sehr seltener "Apocalypse" setzt sich das fort. Und hier kommt die ESK (Einstudierung: Marius Mack) ins Spiel. Die nimmt die klangliche Vorgabe des Orchesters genau auf und setzt sie fort. Das Ergebnis: Klangzauber von höchster Luzidität, in den sich Hans Jörg Mammel mit feinem Tenor hervorragend einfügt, bei Vibrato sachlich, aber mit Wärme gestaltend.

Ebenso beeindruckt die punktgenaue Präzision, mit der die Musiker Françaix’ blitzartige Beleuchtungs- und Stimmungswechsel realisieren, so die vom "Himmels-" zum "Höllenorchester" aus Saxofonen, Gitarre und Akkordeon. Die Studentenkantorei brilliert in halsbrecherischen syllabischen Partien. Hannes Reich scheut straffe Tempi nicht, doch sind die Ausführenden hellwach und zur Stelle (bei den Instrumental-Registerproben halfen Profis unter anderem des SWR-Orchesters). Nur das Blech macht im sphärischen Schluss keine ganz glückliche Figur.

Bleibt das sehr harmonisch sich einfügende Solistenquartett. Neben Mammels Tenorpart sticht Sebastian Pilgrim mit profundem, kräftigem Bass hervor. Katharina Persicke (Sopran) gestaltet mit weicher, schwebender Nuancierung, feierlich mit Bläsern und Pauke im "Millenium". Der Part von Hanna Roos (Alt) ist schmal, die Interpretin ihren Kollegen vollauf ebenbürtig.

 

Sommersemester 2014

Badische Zeitung vom 08. Juli 2014,Alexander Dick

Ein Leichtes mit der Leichtigkeit
Das Akademische Orchester feiert seinen 50. Geburtstag mit begeisternder Klassik.

"Lenny" war so einer. Musik machen und komponieren allein genügte ihm nicht. Er wollte – und konnte – begeistern. In seinem Buch "Von der unendlichen Vielfalt der Musik" verglich er die aktuelle Glaubenskrise mit der Krise der Musik – und prophezeite, daraus mit "neueren, freieren Ideen" herauszukommen. Das war 1967. Nun ist es fast schon ein Vierteljahrhundert her, dass Leonard Bernstein gestorben ist. Der Funke seiner Begeisterung zündet noch immer. Nachzuvollziehen ganz aktuell beim Akademischen Orchester Freiburg (Aka), das mit Bernstein seinen 50. Geburtstag feierte.

Die jungen Musikerinnen und Musiker teilen den Überschwang des Komponisten. Seine "Sinfonischen Tänze" aus der "West Side Story" sind das rechte Werk, um einen fulminanten Schlusspunkt unter das Jubiläumskonzert im ausverkauften Konzerthaus zu setzen. Noch immer haftet dieser Romeo-und-Julia-Musik eine beispiellose Frische und Unmittelbarkeit an. Dass es durchaus kein Leichtes ist um das so genannte Leichte, das spürt man. Aber ebenso, dass hier ein unglaublich motivierter Klangkörper über sich selbst hinauswächst. Hannes Reich ist der Motivator; der Chefdirigent des Aka weiß um die komplexe rhythmische Architektonik der Musik, und er weiß vor allem, wie man ein Orchester zum Swingen bringt. Der Mambo, den’s dann auch nochmal als Zugabe gibt, ist mit seinen Synkopen ungemein präzise, die Chromatiken in "Cool Boy" entwickeln in den einzelnen Instrumentengruppen eine fantastische Bedrohlichkeit. Bewegend sind die solistischen Leistungen: vom nicht genug zu rühmenden Solohorn über das Solostreichquartett beim "Somewhere" bis hin zur Harfe und, natürlich, der ausgezeichneten Perkussion-Gruppe.

Dieses Orchester verfügt in weiten Bereichen über eine Professionalität, an der die überragenden Streichergruppen großen Anteil haben. Deren satter, homogener, ja brillanter Klang ist die Keimzelle der Qualität des russischen Blocks: Borodins "Polowetzer Tänze" und Tschaikowskys Fantasie-Ouvertüre "Romeo und Julia" atmen die Leidenschaftlichkeit von Mütterchen Russland, und Hannes Reich ist ihr kundiger Vermittler, ohne das Orchester in Tempofragen zu schonen. Nicht ganz stabil ist die Holzbläser-Intonation, aber die filigranen Passagen zum Beispiel in der Einleitung zu Tschaikowskys Geniestreich haben es einfach auch in sich. Und selbst hier staunt man ob so mancher Einzelleistung, wie etwa bei der Soloklarinette.

50 Jahre Akademisches Orchester – das ist auch eine Geschichte, die die Apologeten des Todes der Klassik Lügen straft. Man glaubt es Uni-Rektor Hans-Jochen Schiewer gern, dass ihn auf seinen Dienstreisen die CDs des Orchesters als Gastgeschenk mit Stolz erfüllen. Stünde da demnächst Havanna bevor – auch die Interpretation von Gershwins Cuban Ouverture ließe sich hören. Die karibische Klang- und Rhythmusoffensive des Orchesters lässt sogar den Dirigenten über manchen Einsatz hinwegsehen – seine Musici sind zur Stelle. Wohl auch Dank der sorgfältigen Einstudierung und Betreuung durch Musiker des SWR-Sinfonieorchesters. Gut, dass Hans-Jochen Schiewer in seiner Festrede ein Memento für dessen Erhalt parat hat. Die Musikstadt Freiburg braucht solche fruchtbringenden Symbiosen.

 

Wintersemester 2013/14

Badische Zeitung vom 04. Februar 2014, Nikola Mirkovic

Intensiv, eindringlich
Das Akademische Orchester mit Schumann und Bruckner.

Mit einer bewundernswerten Lässigkeit spielt dieses Horn-Quartett im Freiburger Konzerthaus auf. Obwohl Robert Schumanns "Konzertstück für vier Hörner und großes Orchester" op. 86 insbesondere für die zwei ersten Solostimmen sehr hoch gesetzt ist, überzeugen die vier Solisten Christoph Eß, Sebastian Schindler, Jan Sebastian Nimczik und Timo Steininger durch einen geschmeidigen Ton und ausgesprochen kantable Linienführung.
Das Akademische Orchester steht den Solisten indes in nichts nach. Hannes Reich dirigiert unaufgeregt und präzise, das Orchester folgt ihm hoch konzentriert und sensibel. Die Übergänge gelingen reibungslos und auch bei den solistischen Einsätzen brillieren die Orchestermusiker. Lediglich im virtuosen dritten Satz hätte die dynamische Abstimmung zwischen Solisten und Orchester etwas ausgewogener sein können.

Mit Anton Bruckners 7. Sinfonie steht in der zweiten Hälfte des Abends ein Werk auf dem Programm, das nicht zuletzt auch ein Prüfstein für die Qualität eines Orchesters ist. Hannes Reich nimmt den ersten Satz "Allegro moderato" relativ zügig, was den großen Spannungsbögen zugutekommt. Die Streicher sind vom ersten Ton an sehr homogen, ihnen gelingt ein intensiver und eindringlicher Ton. Der Gesamtklang ist stark und zugleich transparent, so dass jede Gruppe, einschließlich der Bässe, gut zu hören ist. Auch das "Adagio" des zweiten Satzes wird nicht übertrieben ausgekostet, was der pathetischen Wirkung (mit Beckenschlag!) keinen Abbruch tut. Hier glänzt neben den Streichern auch die mit Wagnertuben verstärkte Blechbläsergruppe. Im dritten Satz halten Reich und sein Orchester die innere Spannung. Die rhythmische Präzision, mit der hier gearbeitet wird, ist bemerkenswert.

Die mathematische Struktur des Satzes, den Christian Berger im lesenswerten Programmheft analysiert, wird hörbar. Zudem sind auch die Solo-Passagen, wie beispielsweise die des ersten Flötisten, sehr eindrücklich. Mit einem bewegenden "Finale" begeistert das Orchester, das wirklich ein erstaunliches künstlerisches Niveau erreicht hat, das Publikum vollends.
 

Sommersemester 2013

Badische Zeitung vom 08. Juli 2013, Alexander Dick

Was verloren ginge
Christian Ostertag und das Akademische Orchester Freiburg.

"Hindemith – weg damit": Die Musikwelt war lange ungerecht zu dem Frankfurter Geiger-Bratscher-Komponisten. Dabei: Wer heute, ein halbes Jahrhundert nach dem Tod dieses zweifelsfrei Großen, seiner Sinfonie "Mathis der Maler" lauscht, sollte die Zeitlosigkeit dieser Musik spüren. Sehr verdienstvoll jedenfalls, dass das Akademische Orchester Freiburg sich ihrer angenommen hat. Und die Interpretation im sehr gut und sehr jugendlich besuchten Konzerthaus ist keineswegs bloß eine akademische Übung – sie ist ein Akt einer überaus achtbaren künstlerischen Auseinandersetzung.

Hannes Reich, seit gut einem Jahr Chefdirigent des Universitätsorchesters, breitet das Triptychon in bemerkenswerter Durchsichtigkeit und Offenlegung der Strukturen aus. Die fugierten Passagen im "Engelskonzert" erklingen schulbuchmäßig, das tiefe Unisono der Streicher gegen Ende dieses Satzes hat flammende Tonschönheit. Dass der Bläser-, zumal der Holzbläserklang etwas steif und statisch wirkt, wird durch die zahlreichen Sololeistungen doppelt aufgewogen. Und auch in dynamischer Hinsicht lassen die drei Sätze kaum Wünsche offen – von den ergreifenden Pianostellen im zweiten Satz bis zu den ungestümen "Turbachören" der Streicher gen Ende des Finales. Da spürt man neben der umsichtigen Einstudierung auch das sorgfältige "Coaching" durch Musiker des Philharmonischen Orchesters und des SWR-Sinfonieorchesters.

Christian Ostertag, dessen erster Konzertmeister, krönt den Abend als Solist in Brahms‘ Violinkonzert. Es sind vor allem sein so ungemein warmer, emotionaler Ton, die diskrete Schönheit und Eleganz seines Spiels, die diese Interpretation so unmittelbar berührend macht. Ostertag kommt dem Gedankenreichtum des ersten Satzes in überaus rhapsodischer Manier bei, verkünstelt sich nicht bei den kunstvollen, die Themen umspielenden Figuren, begegnet ihnen stattdessen mit großer spielerischer Individualität. Die Achtelketten, bei denen der Komponist "dolce lusingando", also lieblich schmeichelnd vorgibt, geraten ihm vollends zur verspielten Liebeserklärung an dieses großartige Werk – molto rubato. Die unendliche Melodie des langsamen Satzes spinnt er innig fort und die ungarische Couleur des Finalsatzes stößt bei ihm auf fruchtbarsten Boden: eine Interpretation von hoher Reife.

Was verloren ginge, wenn das Freiburger SWR-Sinfonieorchester vom Sender weggespart würde, sei jetzt zu hören, hatte ein Studierender in einer flammenden Rede an das Publikum noch vor dem Konzert gesagt. Was soll man da noch hinzufügen – außer: Wehrt Euch!
 

Wintersemester 2012/2013

Badische Zeitung vom 12. Februar 2013, Dennis Roth

Zerfall und Aufbau
Freiburg: Mahlers Dritte mit dem Akademischen Orchester.

"Mit allen Mitteln der vorhandenen Technik eine Welt aufbauen" wollte Gustav Mahler in seiner dritten Sinfonie, und baute eine Welt, die zunächst zerfällt. Im ersten Satz mit seinen widrigen Höhen, scharfen Abstürzen, umherschwirrenden Marsch-Splittern. Das Akademische Orchester der Universität Freiburg machte im ausverkauften Konzerthaus die ungeheure Anstrengung deutlich, die hinter dem Zusammenzwingen der Elemente steht. Weder fielen unter der Leitung von Hannes Reich die Fragmente des Riesensatzes auseinander noch erschien die – klanglich transparente – Heterogenität als selbstverständlich. Der Weckruf gelang den Hörnern immer, das ganze Blech war präsent, blitzte und tönte stark beim überdrehten Rumtata; doch unter der karnevalesken Oberfläche brodelte es. Der junge Dirigent ließ mit schwungvoll-eleganter Gestik auch Raum für Leerstellen. Bis zur Erlösung, die Mahler vorschwebt, war es noch hin: vier Sätze bis zum sechsten, letzten, aber die anderthalb Stunden waren kurzweilig.

In der stimmigen Interpretation fielen der zweite und der dritte Satz etwas ab. Die Idylle des Menuetts zu wenig gebrochen, die Kontraste im Scherzo recht brav (Posthorn: Pavel Janecek). Berückend aber auch hier: der warme Klang der Hörner, die ihren Dauereinsatz mit einer bewundernswerten Konstanz meisterten.

In der dritten Sinfonie liegen Sinn und Erlösung für Mahler in der Schönheit einer reinen Musik, im großen Instrumentalgesang des letzten Satzes. Das Akademische Orchester spann die unendliche Melodie gefühlvoll aus, die Ruhe des Adagio durchbrach es mit intensiven Rubati. Gesang gab’s davor: im fünften Satz mit dem hellen Chorklang der Damen der Evangelischen Studentenkantorei (Einstudierung: Florian Cramer) und der Freiburger Domsingknaben (Boris Böhmann). Und im geheimnisvollen vierten Satz: Nietzsches Verse gestaltete Nohad Becker mit ihrem dunklen Alt schön in Ausdruck und Phrasierung. "Die Welt ist tief", sang sie und die souveräne Konzertmeisterin (Anne Brobeil) intonierte sinnliche Zwischenspiele. Da war die Welt wieder in Ordnung.

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